Vortrag Petra Ramsauer: Syrien, Irak, Afghanistan
Ursprünge der Fluchtbewegung verstehen.
Wussten Sie, dass mindestens drei Millionen Afghanen ins Nachbarland Iran geflohen sind und dort unter Rassismus und Ausgrenzung als Menschen zweiter Klasse leben? Und dass unter diesen Menschen vom Iran Krieger für Syriens Präsidenten Baschar al-Assad rekrutiert und ausgebildet werden und aktiv als Söldner in Syrien kämpfen? Teils mit Versprechungen, teils mit sanfter, teils mit offener Gewalt?
Wussten Sie, dass junge Männer dieser Gruppe oft nur zwei Möglichkeiten haben: Krieg als Söldner in Syrien oder Flucht?
Wussten Sie, dass diese Männer zwar die afghanische Staatsbürgerschaft besitzen, aber ihre Familien schon seit Generationen im Iran als Flüchtlinge leben und auch nicht nach Afghanistan zurück können, da sie dort sofort verhaftet und vermutlich umgebracht würden? Können Sie sich vorstellen, was mit einem dieser „Afghanen“, die ja eigentlich mehr von allen ungeliebte Iraner sind, passiert, wenn sie von Europa nach Afghanistan abgeschoben werden?
Wussten Sie, dass rund 150.000 Söldner unter iranischem Kommando in Syrien kämpfen? Und können Sie sich vorstellen, dass der Iran das ohne Eigeninteresse für Assad macht?
Das nur als eines der komplizierten Beispiele der Fluchtbewegungen von Petra Ramsauer. Die 45 Minuten des Vortrages waren nur hochkonzentriert zu verstehen und lassen mich mit vielen Fragen zurück. Nur eines kann ich mit Gewissheit sagen: Einfach ist in diesen Regionen nichts.
Gleich zu Beginn erklärt Petra Ramsauer, dass nicht das Schliessen irgendwelcher Routen die Fluchtbewegungen reduziert, sondern aktive Hilfe vor Ort. Die derzeitigen Aktivitäten lösen keine Probleme, sondern potenzieren nur die Probleme und den Druck auf die Fluchtreisenden. Sie sprach über die klaffende Schere zwischen der Zusage der Unterstützung der internationalen Gemeinschaften für die Länder, die die meisten Flüchtlinge aufgenommen haben, und die tatsächlichen Geldleistungen. Es hilft nicht Hilfe zuzusagen und dann nur halbherzig zu bezahlen.
Beispiel Libanon: 1,5 Millionen der rund fünf Millionen syrischen Flüchtlinge leben dort. Bei nur rund sechs Millionen Einwohnern. Das heisst, gerade einmal vier Libanesen müssen für einen Flüchtling aufkommen. Das kann der Libanon alleine nicht stemmen und die mangelnden Zahlungen der internationalen Gemeinschaft verschlechtern die Lebensbedingungen der Flüchtlinge so massiv, dass sie gar nicht anders können, als weiter zu ziehen und zu versuchen, ihr Leben und das ihrer Lieben wo anders zu retten. Beispielsweise bei uns.
Für mich wurde schnell noch klarer, dass man sich nur sehr aufwändig so informieren kann, dass man die Zusammenhänge versteht und sich eine Meinung bilden kann. Von einer Qualität der Information oder gar von Wissen, als Basis für ein Urteil über Fluchtreisende, wage ich gar nicht zu reden.
Besonders gefallen hat mir der Hinweis von Frau Ramsauer, was wir hier für Syrien oder Afghanistan tun können: Bildet die Menschen aus, damit sie in der Heimat Positives aufbauen können.
15. Mai 2018, Karl Meidl